125 Jahre London to Brighton Veteran Car Run
Britischer geht´s nicht: Historische Automobile gehören jeden November an die frische Luft
Selbst wenn es im südlichen England wieder Katzen und Hunde regnet, werden Besitzer klassischer Automobile am ersten Sonntag im November dafür nur ein mildes Lächeln übrighaben. Denn die Vorfreude auf den traditionsreichen „London to Brighton Veteran Car Run" überstrahlt auch das herbstlichste Wetter. Ob Sturm, Nebel oder klassischer britischer Dauerregen – davon wird sich keiner von ihnen abhalten lassen. Am 2. November 2025 werden sie wieder tollkühn und unerschütterlich in ihre historische Automobile, die vor 1905 gebaut wurden, steigen und zum 125. Mal die 86 Kilometer von der Hauptstadt bis an die Südküste zu knattern.












Wie die Briten die rote Fahne loswurden
Das Rennen startet bei Sonnenaufgang im Hyde Park in London. Die Durchschnittsgeschwindigkeit darf 20 Meilen pro Stunden (32 km/h) nicht überschreiten. Beim Einhalten der Höchstgeschwindigkeit helfen zwei offizielle Pausen in Crawley und in Preston Park, einem Vorort von Brighton. Preston Park ist schließlich auch der offizielle Endpunkt des Rennens. Jeder, der dort vor 16.30 Uhr eintrifft, erhält eine Urkunde. Nach der Zieldurchfahrt rollen die Fahrzeuge traditionell zum Cruising auf der Seepromenade Madeira Drive.
Im vergangenen Jahr erlaubte sich der ehrwürdige Royal Automobile Club eine kleine Rebellion gegen die seit 1927 bestehenden Tradition: Zum ersten Mal gab es eine sommerliche Generalprobe für die historischen Fahrzeuge und ihre Piloten. Eine Handvoll auserwählter Veteranenbesitzer durfte ihre rollenden Schätze im sonnigen Juli durch die malerischen Hügel der Grafschaft Surrey chauffieren. Die Resonanz war derart begeisternd, dass die Generalprobe in diesem Jahr am 20. Juli wiederholt wurde. Eine neue Tradition für Wetterfühlige entsteht.
Ben Cussons, Vorsitzender des Royal Automobile Club, betont jedoch, dass am eigentlichen Hauptlauf im November nicht gerüttelt wird. „Die Erinnerung an das Ende des Red Flag Act von 1896 muss standesgemäß am ersten Novembersonntag gefeiert werden." Damals wurde die absurde Vorschrift abgeschafft, dass ein Fußgänger mit roter Fahne jedem motorisierten Fahrzeug vorangehen musste. Zur Feier dieses automobilen Befreiungsschlags wurde beim ersten London-to-Brighton-Run im Jahr 1896 symbolisch eine rote Flagge zerrissen.
Beim offiziellen London-to-Brighton-Rennen im November werden bis zu 400 Fahrzeuge erwartet. Hier werden sich wieder nicht nur Benziner, sondern auch Dampf- und Elektro-Pioniere treffen, die vor mehr als einem Jahrhundert nebeneinander den Traum der motorisierten Fortbewegung vorantrieben. (aum)
Ein Covert von 1905 im Strom der Zeit
2023 mischte sich erstmals die Energie-Zukunft in die historische Fahrzeugflotte. Ein Covert von 1905 fuhr die Tour klaglos mit e-Fuel, einem klimaneutralen Kraftstoff, hergestellt mit elektrischer Energie und Wasserstoff. Das Lächeln seiner beiden Fahrer gilt also entweder dem glücklichen Ausgang des Kraftstoff-Experiments oder der Tatsache, dass das schlechte Wetter überwunden war.